Krebs ist ein Arschloch. Echt ein riesiges Arschloch.

Genau so hab ich ihn in meinen Tagebüchern bezeichnet und mit der Kampfansage „Du hast Dir die Falsche ausgesucht“ meinen Kampf gegen Knochenkrebs begonnen.

Mit 14 Jahren wurde bei mir ein  Ewing-Sarkom im linken Oberschenkel diagnostiziert, zu einer Zeit, in der meine einzigen Sorgen Matheprüfungen und die Wahl meiner Kleidung waren. Die Diagnose traf mich so hart. Ich fühlte mich plötzlich von der Pubertät ins Erwachsenenalter katapultiert.

Meine Knieschmerzen begleiteten mich mindestens ein Jahr lang und trotz vieler Arztbesuche, Untersuchungen und Spritzen gab es keine wirkliche Erkenntnis. Ich hörte Sätze wie „Mach mehr Sport“ oder „Das sind Wachstumsschmerzen“, die mir und meine Eltern das Gefühl gaben, zu übertreiben und nicht ernst genommen zu werden.

Im Jahr 1994 im Urlaub in Portugal wurden die Schmerzen so stark, dass ich nicht mehr normal laufen konnte. Meine Eltern bestanden darauf, dass ein Röntgen meines Knies gemacht wurde. Der behandelnde Arzt erkannte sofort nach einem kurzen Blick auf das Bild, dass es etwas Ernstes war, und überwies mich zur Behandlung an die Uniklinik in Ulm.

Eine Biopsie ergab innerhalb weniger Tage die wohl schlimmste Diagnose. Innerhalb eines Jahres erhielt ich 14 Chemotherapien, ca. 30 Bestrahlungen und eine Operation zur Entfernung des Tumors. Bei der Operation hatte ich die Wahl zwischen einer Umkehrplastik, einer Amputation und dem Einsatz einer Tumorendoprothese. Ich entschied mich für die letztere Option, da die Prognose besagte, dass die Prothese etwa 10-15 Jahre halten könnte, und ich mein Bein behalten wollte.

Nach unglaublichen 27 Jahren brach meine Endoprothese im Sommer 2022 aufgrund einer Materialermüdung und wurde in der Uniklinik in Münster teilweise ersetzt und erweitert. Obwohl ich durch die Endoprothese eingeschränkt bin und nicht wild herumspringen oder rennen kann, führe ich mittlerweile ein glückliches und normales Leben. Ich konnte Erwachsen werden, feiern, tanzen und die Welt bereisen.

Ich bin jetzt fast 43 Jahre alt, glücklich verheiratet und Mutter eines wunderbaren Sohnes. Bei jeder Sicherheitskontrolle am Flughafen sorge ich für Aufmerksamkeit, aber das ist ein kleiner Preis im Vergleich zu dem, was ich überwunden habe.

Patientenbericht Agnes